Unter dem Sand
Angesichts der Massen an Literatur, Filmen, Computerspielen und Comics, die es zu der Thematik gibt, mag manch einer meinen, mittlerweile sei jeder Aspekt in der Zeit um den zweiten Weltkrieg herum aus allen möglichen Perspektiven beleuchtet worden. Werke wie Unter dem Sand zeigen, dass es sich dabei um einen klaren Fehlschluss handelt.
Der Film erzählt exemplarisch die fiktive Geschichte einiger junger deutscher Kindersoldaten in der Gefangenschaft in Dänemark. Diese werden nach Ende des zweiten Weltkriegs dazu gezwungen, an den Küsten Minen zu suchen und zu entschärfen. Dieses wenig behandelte Kapitel der europäischen Geschichte bringt bereits eine natürliche Dramatik mit sich, sodass eine passende filmische Umsetzung sich anbietet. Leider verpasst es Martin Zandvliet, der hier sowohl als Regisseur, als auch als Drehbuchautor tätig war, ein wirklich gutes Drama auf die Leinwand zu bringen. So besteht seine größte Leistung hier entäuschenderweise darin, dass er diese Geschichte ins Kino bringt, nicht in der Art und Weise, wie er dies tut.
Nicht nur, dass er die Geschichte zu konventionell, also auf die offensichtlichste und beliebigste mögliche Weise erzählt, auch scheint Zandvliet eine Vorliebe für Kitsch und eine Abneigung gegen alles Subtile zu haben. Er zeigt die Ereignisse in all ihrer Grausamkeit und hält die Kamera ohne Gnade auf das schreckliche Geschehen, doch durch die unauthentische Inszenierung sowie die unecht wirkenden Reaktionen der Charaktere, schafft der Regisseur es nicht, den gleichen Effekt zu erzeugen, den etwa die Eröffnungsszene von Der Soldat James Ryan hervorrief. Die brutalen Verstümmelungen, so echt sie aussehen, wirken unecht durch den Kontext in welchem sie stehen. In Verbindung mit der oft zu theatralisch geratenen musikalischen Untermalung entfalten viele emotionale Szenen nicht ihr eigentliches Potential, sondern wirken teilweise sogar lächerlich. Hier wäre eine nüchterne Inszenierung, wie man sie zuletzt beim Oscargewinner Spotlight sah, geeigneter gewesen um dem Zuschauer die reale Dramatik des Szenarios zu vermitteln.
Nichtsdestotrotz unterhält der in Deutschland und Dänemark produzierte Film, der sich über weite Strecken wie eine deutsche Fernsehproduktion anfühlt. Auch, wenn dies zu großen Teilen nur der Auswahl der Thematik zuzuschreiben ist. Diese macht ihn, trotz mangelnder Tiefe und künstlerischer Wertigkeit, zu einem wichtigen Film. Einen Kinobesuch ist er nicht wert, für den Geschichtsunterricht oder einen verregneten Aprilabend ist er jedoch höchst geeignet.
Bild: Pressematerial zu „Unter dem Sand“, Fotografin: Camilla Hjelm © Koch Films GmbH