Oscar-Kandidaten 2016: Star Wars

Es war der vermutlich meisterwartete Film aller Zeiten: Star Wars: Das Erwachen der Macht. Als ernstzunehmender Oscarkandidat wurde er bisher jedoch kaum gehandelt. Ein Einspielergebnis von über 500 Millionen US-Dollar weltweit, alleine am Eröffnungswochenende, sowie die erstaunlich hohe Begeisterung vieler Kritiker für den Film, ändern jedoch die Situation.

Während die Position des „Publikumsliebling“ im Oscarrennen bisher von Der Marsianer und Mad Max: Fury Road eingenommen wurde, zwängt sich nun die siebte Episode der Star-Wars-Saga ebenfalls auf diesen Platz. Gerade für Der Marsianer, dessen Momentum bereits durch das Erstarken von Mad Max abzuebben begann, besteht die Gefahr, von Star Wars: Das Erwachen der Macht komplett aus dem Oscarrennen gedrängt zu werden. Beim Publikum ist Star Wars offensichtlich beliebter, aber selbst Kritiker scheinen den gigantischen Blockbuster zu präferieren (man vergleiche z.B. den Metascore der beiden Filme).

Auch ein Blick in die Vergangenheit macht das Oscarpotential von Star Wars: Das Erwachen der Macht deutlich. Selbst die von Kritikern und Fans ungeliebten Prequels konnten je mindestens eine Oscarnominierung abstauben, Episode I sogar drei.

Im Folgenden also eine Auflistung des Oscarpotentials von Star Wars: Das Erwachen der Macht, geordnet nach Kategorien:

 

Best Picture

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Star Wars Oscarpotential in der Kategorie Best Picture ergibt sich nicht nur aus dem möglichen Einnehmen der Position des Publikumslieblings. Mit einem Einspielergebnis von 238 Millionen US-Dollar am Eröffnungswochenende in Amerika, befindet sich der Film auf bestem Kurs, dort der erfolgreichste Film aller Zeiten zu werden. Die letzten drei Filme, die diese Position einnahmen (Star Wars, Titanic, Avatar), wurden alle als bester Film nominiert, Titanic gewann die Kategorie sogar.
Diese Stärke des Films, wird ihm jedoch gleichzeitig zum Verhängnis. Der Film könnte der Academy of Motion Picture Arts and Sciences zu belanglos sein, zu unpolitisch. Selbst die Filme der Herr der Ringe schafften es erst mit dem letzten Teil, die Kategorie zu gewinnen, trotz noch einmal wesentlich besserer Resonanz der Kritiker.
Auch die Tatsache, dass es sich bei dem Film um eine Fortsetzung handelt verringert die Wahrscheinlichkeit, dass er am 28. Februar kommenden Jahres zum Best Picture ausgerufen werden wird. Schließlich gelang es erst zwei Fortsetzungen (Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs und Der Pate II) diesen Titel zu gewinnen.

 

Best Director: Jeffrey Jacob Abrams

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Wie schon in unserer Kritik beschrieben, verpasst J. J. Abrams die Gelegenheit, diesen Star Wars-Film zu seinem Film zu machen. Dies und die Tatsache, dass das kompetierende Feld in dieser Kategorie bereits stark und dicht besetzt ist, machen einen Sieg für Abrams unmöglich. Eine Nominierung ist zwar möglich, sollte Star Wars im Rennen als Best Picture extrem an Momentum gewinnen, insgesamt aber extrem unwahrscheinlich.

 

Darstellerische Kategorien

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Auch, wenn die Charaktere bereits von vielen Fans neu oder wieder ins Herz geschlossen wurden, so schließe ich Nominierungen hier dennoch aus. Zu wenig ist jeder Einzelne zu sehen, zu wenig können die Schauspieler von ihrem Talent bei der Darstellung der simpel gezeichneten Charaktere präsentieren.

 

Technische Kategorien (Sound Editing, Sound Mixing, Visual Effects)

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Rief ich letzte Woche noch Der Marsianer als wahrscheinlichen Sieger in den technischen Kategorien aus, muss ich mich nun korrigieren. Nominierungen in allen drei Kategorien sehe ich als sicher an. Diese erzielte bereits Star Wars: Episode I. Auch wenn die siebte Episode der Saga technisch weniger revolutionär ist als die erste, sollte die größere Unterstützung von Fans und Kritikern ausreichen, das dadurch fehlende Moment auszugleichen. Gewinnt Star Wars bei Awardverleihungen weiter an Bedeutung, so wird ein Sieg in den technischen Kategorien sehr wahrscheinlich. Schafft es hingegen Der Marsianer als Top-Kandidat in wichtigen Kategorien wie Best Picture und Best Director zu halten, gilt weiterhin, was ich letzte Woche schrieb. Die Ankündigung der Nominierungen für PGAs, DGAs und die Verleihung der Critics‘ Choice Awards sind diesbezüglich genau zu beobachten. Das Rennen in den technischen Kategorien könnten dieses Jahr zu einem der spannendsten werden.

 

Production Design

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Obwohl es mir grundsätzlich schwerfällt, Nominierte und Gewinner in dieser Kategorie vorherzusagen, halte ich Star Wars: Das Erwachen der Macht hier für einen starken Anwärter. Nicht nur, weil die Hochwertigkeit der Sets bei einem Fantasyspektakel wie Star Wars offensichtlich ist. Auch die Rückbesinnung der Filmschaffenden zurück zu practical effects und weg von Computereffekten wird bei Mitgliedern der Academy vermutlich ebenso gut ankommen wie bei Fans des Franchise. Eine Nominierung ist wahrscheinlich, ein Sieg möglich.

 

Best Makeup and Hairstyling und Best Costume Design

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Wie auch beim Production Design, sollte die positive Offensichtlichkeit der Kostüme und des Makeups in diesen Kategorien zur Nominierung ausreichen. Diese verhalf schließlich vergangenes Jahr schon Guardians of the Galaxy (2014) zu einer Nominierung in der Kategorie Best Makeup and Hairstyling. Ein Sieg in diesen Kategorien ist gut möglich, hängt aber, wie so oft, davon ab, wie groß die Rolle ist, die Star Wars im Rennen ums Best Picture spielt.

 

Sonstige Kategorien (Adapted Screenplay, Cinematography, etc.)

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Sollte sich Star Wars: Das Erwachen der Macht zum Favorit in der Hauptkategorie des Abends entwickeln, sind, quasi als Nebenprodukt, zahlreiche andere Nominierungen in kleineren Kategorien nicht ausgeschlossen. Ansonsten sehe ich hier wenig Potential. Zu generisch sind dafür der entstandene Film und die Bausteine aus denen er sich zusammensetzt. Keiner sticht deutlich genug hervor, als dass es eine Nominierung wahrscheinlich machte.

 

Unsere Kritik zu Star Wars: Das Erwachen der Macht finder ihr hier.

 

 

Bild: Promotionsmaterial für „Star Wars: Das Erwachen der Macht“, 2015, © 2014 Lucasfilm Ltd. & TM.

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